Flaschenwürfe am 1. Mai – Teil II
hier der Link zum 1. Teil des Artikels
Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass ein PKW weder von der Zweckbestimmung noch von einem typischen Gebrauch her zur Bekämpfung anderer oder zur Zerstörung von Sachen eingesetzt wird und es ein Verstoß gegen das Analogieverbot wäre, wenn der Waffenbegriff in § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB [und damit auch der in § 125 a Satz 2 Nr. 2 StGB] in einem nicht technischen, gefährliche Werkzeuge umfassenden Sinne verstanden würde, hob der 4. Senat des Kammergerichts in einer von mir eingelegten Revision ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurück.
Der 4. Senat des Kammergerichts sah jedoch offenkundig die Problematik, dass damit keine Verurteilung wegen schweren Landfriedensbruch mehr erfolgen könnte. Es schrieb daher in seinem Beschluss, dass das Beisichführen gefährlicher Werkzeuge in Verwendungsabsicht als unbenannter „besonders schwerer Fall“ im Sinne des § 125 a StGB gewertet werden könne, soweit die weiteren Voraussetzungen dafür vorliegen.
Um dies nachvollziehen zu können, bedarf es einer Erläuterung der Gesetzessystematik. In § 125 a StGB hat der Gesetzgeber sogenannte Regelbeispiele verwendet. Danach liegt ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs in der Regel vor, wenn der Täter
1. eine Schusswaffe bei sich führt,
2.eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um diese oder dieses bei der Tat zu verwenden,
3. durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
4. plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.
Auch jenseits dieser Beispiele kann jedoch ein besonders schwerer Landfriedensbruch durch andere, den Regelbeispielen vergleichbare Handlungen begangen werden.
Wenn man sich die vorstehenden Beispiele ansieht, sollte man meinen, dass ein Wurf mit einer Glasflasche einen Polizeibeamten in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringen müsste, um hier zu einer Verurteilung zu kommen. Da die Polizeibeamten bei den Einsätzen am 1. Mai jedoch sehr gut durch spezielle Schutzkleidung und Helme gesichert ist, ließ sich dies selbst durch die Berliner Strafgerichte nicht begründen.
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte dann meinen Mandanten zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung und meinte, eine Glasflasche sei ein gefährliches Werkzeug, welches mein Mandant nicht nur bei sich geführt, sondern auch verwendet habe, weshalb ein unbenannter besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung vorliege.
Weiteres dazu demnächst an dieser Stelle.