AG Frankfurt: Vermieter soll für Lüge des Maklers nicht haften

Was Amtsrichter (und auch andere Gerichte) manchmal in ihrer Rechtsprechung Absurdes verzapfen, darüber kann wohl jeder Rechtsanwalt ein Lied singen. In der Presse wird heute über ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19.09.2012, Aktenzeichen: 33 C 3082/12 (93), mit der Schlagzeile „Makler dürfen lügen“ berichtet.

Da der Inhalt der Urteilsbegründung bisher nicht veröffentlicht wurde, ist etwas Vorsicht geboten. Die Presse gibt rechtliche Sachverhalte nicht immer zutreffend wieder. [Ergänzung vom 18.11.2012: die Urteilsbegründung liegt nun vor, siehe unter diesem Link]

Inhaltlich ging es bei der Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt danach um eine Mietminderung eines Wohnungsmieters. Die Wohnung sollte laut einer Internetannonce des Maklers eine Fläche von 74 m² haben und wurde zu einem Mietzins von 920 € [netto] im Monat vermietet.

Nach dem Einzug in die Wohnung stellte der Mieter jedoch fest, dass die Wohnung tatsächlich nur 62 m² Fläche umfasst und kürzte die Miete entsprechend. Im Mietvertrag waren keine Angaben zur Wohnungsgröße enthalten.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat einer Klage des Vermieters auf Zahlung der gekürzten Miete stattgegeben und laut dpa ausgeführt: „«Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einer Annonce genügt nicht, wenn im Mietvertrag kein Hinweis auf die Wohnungsgröße enthalten ist.» “

Sollte dies tatsächlich die tragende Erwägung gewesen sein, scheint dies rechtlich in der Tat zweifelhaft. Da der Vermieter den Makler eingeschaltet hat, handelt der Makler [ggf.] als Erfüllungsgehilfe des Vermieters und es kommt eine Zurechnung der Angaben des Maklers für den Vermieter gemäß § 278 BGB in Betracht.

Es spielt dann keine Rolle, ob der Vermieter selbst in der Annonce eine falsche Wohnungsgröße angegeben hat oder der Makler. Es liegt insofern eine Pflichtverletzung vor [die dem Vermieter ggf. zugerechnet wird].

Worüber man sich streiten könnte, wäre allenfalls, ob sich diese falsche Angabe bei der Entscheidung des Mieters zur Anmietung der Wohnung auch ausgewirkt hat oder ob der Mieter auch die Wohnung mit 62 m² zum Mietzins von 920 € angemietet hätte.

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung aber hinlänglich entschieden, dass bei einer Abweichung der angegebenen Wohnfläche von der vermieteten Wohnfläche um mehr als 10 % in jedem Fall eine Mietminderung gerechtfertigt ist.

Leider ist aus der Pressemeldung nicht ersichtlich, ob das Urteil berufungsfähig ist. Falls nicht, könnte der Mieter ja noch darüber nachdenken, gegen den Makler vorzugehen. Der Reputation der Makler dürfte dieses Urteil in jedem Fall nicht zuträglich sein.

[Ergänzung vom 10.11.2012: Ein Leser wies freundlicherweise noch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.06.2010, Az. VIII ZR 256/09, hin, in dem der Bundesgerichtshof sich in einem ähnlichen Fall zur Frage einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung äußerte. In dem dort entschiedenen Fall hatte der Vermieter dem Mieter eine Grundrißskizze und eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben. Daraus schloss der Bundesgerichtshof, dass beide Parteien  von dieser Wohnfläche ausgingen.

In dem vom Amtsgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall scheint dies nicht der Fall gewesen zu sein. Darauf dürfte die Formulierung des Amtsgerichts basieren, dass die alleinige Angabe der Wohnfläche in der Annonce nicht genügend ist, um von einer Wohnflächenvereinbarung auszugehen. Meine „Kritik“ an dem Frankfurter Urteil [das ja noch nicht schriftlich veröffentlicht ist, so dass dies alles nur mit Vorsicht zu genießen ist] richtet sich darauf, dass zu prüfen gewesen wäre, ob sich der Vermieter nicht die Falschangabe des Maklers zurechnen lassen müsste und insofern eine Pflichtverletzung des Vermieters vorliegt.]

[Ergänzung vom 13.11.2012 anlässlich einer weiteren Leserfrage:

Aus dem wenigen, was bisher aus dem Urteil bekannt ist, scheint es neben der Internetannonce keine anderen Angaben zur Wohnungsgröße gegeben zu haben. Dann ist es im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich folgerichtig, eine Vereinbarung über die Wohnungsgröße und somit auch die Mietminderung abzulehnen.

Eine andere Frage ist aber, ob eine Wohnflächenvereinbarung über eine Zurechnung der Angaben des Maklers gemäß § 278 BGB bzw. über eine vorvertragliche Pflichtverletzung durch die falsche Angabe der Wohnungsgröße in der Internetannonce des Maklers in Betracht kommt. Dafür ist entscheidend, ob der Wohnungsmakler als Erfüllungsgehilfe des Vermieters anzusehen ist.

Das Kammergericht z.B. hat dazu mit Urteil vom 25.06.2007, Aktenzeichen: 8 U 208/06, entschieden:

„Der Makler ist Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers, wenn er sich nicht auf reine Maklerdienste beschränkt (z.B. Erstellung des Expose´s: OLG Hamm NJW-RR 1991,546), sondern mit Wissen und Wollen des Auftraggebers im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben tätig wird, die typischerweise diesem obliegen. Erklärungen des Maklers in diesem Rahmen sind dem Auftraggeber zuzurechnen, insbesondere falls er sie veranlasst hat oder dem Makler freie Hand gelassen hat und binden den Auftraggeber (Palandt/Sprau, a.a.O., Einf. § 652 BGB, Rdnr. 9; BGH NJW 1996,451; 1999,638; 2004,2156).“

Ob dies vorliegend der Fall war, kann man nur anhand der Umstände des Falles entscheiden, die hier nicht bekannt sind. Dies müsste vom Gericht aber geprüft werden, denn bei einer Zurechnung der Angaben des Maklers über § 278 BGB käme dann doch eine Wohnflächenvereinbarung und Mietminderung in Betracht oder bei einer vorvertraglichen Pflichtverletzung dann auf dem Umweg über den Schadensersatzanspruch.]