Bundesgerichtshof zu Auskünften des Unterhaltsverpflichteten: Die Aussage „Ich bin unbegrenzt leistungsfähig“ schützt nicht mehr vor der Offenlegung der Einkünfte.

Der 12. Senat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 16.9.2020 – Az. XII ZB 499/19, entschieden, dass ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht allein aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen entfällt, dass er „unbegrenzt leistungsfähig“ sei.

Die im Jahr 2011 geborene minderjährige Tochter begehrte von ihrem Vater Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zur Berechnung des Kindesunterhaltes. Die Eltern hatten sich kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter scheiden lassen, das Mädchen lebte seither bei der Kindesmutter. Bis 30.06.2019 war der Kindesunterhalt durch eine Unterhaltsvereinbarung geregelt. Für die Zeit ab Juli 2019 verpflichtete sich der Kindesvater mittels notarieller Urkunde zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe, abzüglich des anteiligen Kindergeldes.

Der Kindesvater erklärte sich für „unbegrenzt leistungsfähig“ und verweigerte die Auskunft über seine monatlichen Einkünfte. Der Bundesgerichtshof hatte sich nunmehr mit der Frage auseinanderzusetzen, ob trotz dieser Erklärung eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht.

Das Amtsgericht München hatte den Kindesvater zur Auskunftserteilung verurteilt, das OLG München hatte die Beschwerde des Kindesvaters gegen diesen Beschluss zurückgewiesen mit der Begründung, dass die gesetzliche Auskunftsverpflichtung nur entfalle, wenn die begehrte Auskunft für den Unterhaltsanspruch oder die Unterhaltsverpflichtung keinerlei Bedeutung habe. Dies könne dann der Fall sein, wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners feststehe und der Unterhalt sich nach festen Bedarfssätzen richtet (OLG München v. 23.04.2019, Az. 26 UF 542/19).

Soweit die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle überschritten sei (aktuell 5.500 €), müsse zwar die Höhe des Unterhalts des Kindes nach dem jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, allerdings mache es hierbei einen erheblichen Unterschied, ob der Unterhaltspflichtige 6.000 € oder 30.000 € im Monat verdiene. Nur bei Kenntnis der konkreten Einkommenshöhe könne eine hinreichende Abgrenzung zwischen dem angemessenen Bedarf des Kindes und Luxus gemacht werden. Ferner komme auch die Forderung nach Mehrbedarf in Betracht, an dem sich grundsätzlich auch der zu betreuende Elternteil zu beteiligen habe. Die Ermittlung der Beteiligungsquote setze dann die Kenntnis beider Einkommen voraus.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hielt diese Argumentation der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Verpflichtung des Kindesvaters zur Auskunftserteilung wurde nicht beanstandet.

Nur in Ausnahmefällen bestehe kein Auskunftsanspruch, nämlich dann, wenn feststeht, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch oder die Unterhaltsverpflichtung unter gar keinen Umständen beeinflussen kann. Ein solcher Ausnahmefall sei allerdings hier nicht gegeben.

In seinen weiteren Ausführungen stellt der BGH explizit klar, dass er nunmehr von seiner bisherigen Rechtsprechung abweicht: Bisher hatte der BGH – wie vom OLG ausgeführt – keine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bei Einkommen über 5.500 Euro netto im Monat vorgenommen, sondern eine konkrete Bedarfsprüfung vorgesehen. Jetzt hält der BGH aber eine begrenzte Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle durchaus für möglich, zumal es dem Kind daneben unbenommen bleibt, seinen konkreten höheren Bedarf darzulegen.

Der Senat wies darauf hin, dass Kinder automatisch am Lebensstandard der Eltern teilnehmen. Es müsse daher sichergestellt werden, dass dies auch bei höheren Einkommen der Eltern entsprechend erfolge. Eine faktische Festschreibung des Kindesunterhalts bei einem Elterneinkommen, das den Höchstbetrag übersteigt, auf den für die höchste Einkommensgruppe geltenden Betrages dürfe daher nicht vorgenommen werden. Dies könne durch die Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle gesichert werden. Dies stehe auch im Einklang mit der  neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Ehegattenunterhalt.

Weiter führt der BGH aus, dass eine Einkommensauskunft jedenfalls dann erforderlich bleibt, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen den Höchstbetrag übersteige und ein neben dem Tabellenbedarf ein bestehender Mehrbedarf geltend gemacht wird. Die Auskunft sei dann nämlich nötig, um die Haftungsquoten der Eltern bestimmen zu können, da die Eltern für einen solchen Mehrbedarf anteilig aufkommen müssen.