Welche Weisungen von Polizisten müssen Autofahrer bei Verkehrskontrollen befolgen?
Es herrscht häufig Unkenntnis bei Autofahrern, welche Rechte und Pflichten bei Verkehrskontrollen durch die Polizei bestehen. Ich hatte schon mehrfach Mandanten, die Weisungen von Polizeibeamten befolgt haben, obwohl sie dazu nicht verpflichtet sind.
Daher an dieser Stelle eine Auflistung, welche Weisungen von Polizeibeamten bei einer Verkehrskontrolle zu beachten sind [und an dieser Stelle finden sie eine Auflistung der Weisungen, die nicht zu befolgen sind].
Autofahrer sind im Rahmen einer Verkehrskontrolle verpflichtet,
1. auf entsprechendes Zeichen des Polizeibeamten anzuhalten (§ 36 Abs. 5 S. 1 -3 StVO)
2. ihre Personalien anzugeben (§ 36 Abs. 5 S. 4 StVO)
3. ihren Führerschein vorzuzeigen (§ 4 Abs. 2 S. FeV)
4. die Zulassungsbescheinigung Teil I sowie ggf. das Anhängerverzeichnis vorzuzeigen (§ 11 Abs. 5 FZV)
5. aus dem Fahrzeug auszusteigen (§ 36 Abs. 5 S. 4 StVO)
6. das Warndreieck vorzuzeigen (§ 53 a Abs. 2 StVZO [+Ergänzung v. 3.11.2012: § 31 b StVZO])
7. den Verbandkasten vorzuzeigen (§ 35 h StVZO [+Ergänzung v. 3.11.2012: § 31 b StVZO])
8. nach Weisung der Polizeibeamten die Überprüfung des Zustandes, der Ausrüstung und der Beladung des Fahrzeugs zu ermöglichen (§ 36 Abs. 5 StVO)
9. nach Weisung der Polizeibeamten ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen zu lassen (§ 36 Abs. 5 StVO) – das gilt aber nur eingeschränkt, hier finden Sie mehr dazu, wann Autofahrer nicht (mehr) verpflichtet sind, ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen zu lassen.
10. eine richterlich oder polizeilich angeordnete Blutentnahme durchführen zu lassen und dazu mit auf das Polizeirevier zu kommen (§ 81 a StPO)
Im übrigen gilt: alle diese Vorschriften betreffen regelmäßig nur den Fahrzeugführer, nicht aber den oder die Beifahrer/innen. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann ein Bußgeldverfahren nach sich ziehen, bei aktiver Verhinderung oder Erschwerung der Diensthandlung ggf. ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB).
Welche Weisungen Autofahrer nicht befolgen müssen, können Sie hier lesen.
Eine sehr gute und wichtige Information, die ich gerne mit Verweis auf den anwalts-Blog auf meine Seite bringen würde.
Gerne können Sie auf diese Seite verlinken …
„aus dem Fahrzeug auszusteigen“…ist das wirklich mit dem Wortlaut von § 36 Abs. 5 S. 4 StVO vereinbar?
Auch bezüglich Warndreieck/Verbandskasten vorzeigen, kann ich dem Wortlaut nur die Pflicht zum Mitführen entnehmen. Darf die Polizei dann (verdachtsunabhängig) das Vorzeigen verlagen?
Wie so häufig bei juristischen Fragestellungen geht es um eine Auslegung der Norm. Nach der Rechtsprechung sind alle unmittelbar zur Durchführung der Kontrolle erforderlichen Weisungen durch § 36 Abs. 5 StVO gedeckt. Darunter fällt sowohl das Aussteigen als auch das Vorzeigen von Warndreieck und Verbandskasten. Die Verkehrskontrollen sind auch ohne konkreten Anlass zulässig, sollen sich aber im Wesentlichen auf Stichproben beschränken.
Danke für die Antwort.
Eine kurze Rechtsprechungsrecherche hat aber das Gegenteil von dem von Ihnen Gesagten zum Vorschein gebracht:
OLG Hamm, Beschl. vom 13.03.1979, Az. 3 Ss OWi 450/79:
„Da sich der Betroffene anläßlich der durchgeführten Verkehrskontrolle passiv verhielt und damit entsprechende Ermittlungen der Polizeibeamten verhinderte, war die – soweit ersichtlich – von der Rechtsprechung bisher noch nicht entschiedene Frage zu beantworten, ob die Weigerung des Betroffenen, bei einer Verkehrskontrolle mitführpflichtige Gegenstände den Polizeibeamten auf Verlangen vorzuzeigen, bußgeldbewehrt ist. Der Senat hat diese Frage verneint. Die §§ 35h und 53a StVZO schreiben zwar vor, daß Warndreieck und Verbandkasten stets mitzuführen sind. § 69a Abs 3 Nr 7c und 19 StVZO bezeichnet ausdrücklich den Verstoß gegen diese Mitführpflichten als Ordnungswidrigkeiten, so daß solche Handlungen gemäß § 24 StVG bußgeldbewehrt sind. Hingegen fehlt eine entsprechende Vorschrift für die Weigerung, auf Verlangen bei Verkehrskontrollen Warndreieck und Verbandkasten vorzuzeigen. Dies kann auch nicht mit dem Argument gefordert werden, daß eine solche Vorzeigepflicht sich aus der Natur der Sache ergebe, damit den Polizeibeamten überhaupt ermöglicht werde, einen entsprechenden Verstoß zur Anzeige zu bringen. Denn dann hätte es nicht der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der §§ 4 Abs 2 S 2, 24 Abs 1 S 2 StVO, 15d Abs 2 S 2 und 18 Abs 5 S 1 StVZO bedurft, wonach Führerschein, Fahrzeugschein, Führerschein zur Fahrgastbeförderung, Ablichtung oder Abdruck einer allgemeinen Betriebserlaubnis nach § 20 StVZO oder Betriebserlaubnis im Einzelfall gemäß § 21 StVZO nicht nur mitzuführen, sondern zusätzlich den zuständigen Personen auf Verlangen auszuhändigen sind. Der Verstoß gegen diese Pflichten zum Vorzeigen ist ausdrücklich gemäß §§ 69a Abs 1 Nr 5a, 69a Abs 2 Nr 9a, 69a Abs 1, 5c, 69a Abs 2 Nr 9 9c StVZO iVm § 24 StVG bußgeldbewehrt. Weil für die mitführpflichtigen Gegenstände wie Warndreieck und Verbandskasten eine Vorzeigepflicht nicht besteht, kann die Weigerung des Betroffenen, diese Gegenstände vorzuzeigen, nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.“ (OLG Hamm aaO., juris-Rn. 6).
Vielen Dank für diesen ausführlichen Kommentar, ich habe ihn zum Anlass genommen, dies zum Gegenstand eines Blogbeitrags zu machen (siehe http://www.rug-anwaltsblog.de/2012/11/03/mussen-autofahrer-der-polizei-verbandskasten-und-warndreieck-vorzeigen/) und lasse mich gerne eines Besseren belehren. Als Verteidiger würde ich in einem solchen Fall sicherlich auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm Bezug nehmen.
Diese Rechtsprechung bezog sich aber auf die damals geltende Fassung von § 36 Abs. 5 S. 1 StVO. Diese lautete: „Polizeibeamte dürfen Verkehrsteilnehmer zur Verkehrskontrolle und zu Verkehrserhebungen anhalten.“
Daraus hat das Oberlandesgericht Hamm gefolgert, dass unter Weisungen gemäß § 36 Abs. 5 S. 1 StVO nur solche Maßnahmen zu verstehen sind, „die unmittelbar auf den Verkehr einwirken und die aus einem augenblicklichen Verkehrsbedürfnis heraus zur Regelung eines konkreten Verkehrsvorgangs – gegebenenfalls auch im ruhenden Verkehr – ergehen“.
Der Gesetzgeber hat § 36 Abs. 5 S. 1 StVO aber ab dem 1.7.1992 geändert. Er lautet nunmehr: „Polizeibeamte dürfen Verkehrsteilnehmer zur Verkehrskontrolle einschließlich der Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und zu Verkehrserhebungen anhalten.“
Nachdem nunmehr auch ausdrücklich die Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit mitaufgeführt ist, scheint es mir zweifelhaft, ob die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm insofern noch einschlägig ist.
Vielmehr könnten aber andere Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm rechtlich durchgreifen: Danach ist der Verkehrsteilnehmer „nicht gehalten, in irgendeiner Weise aktiv mitzuwirken, um damit etwa die Überführung einer von ihm begangenen Ordnungswidrigkeit zu ermöglichen. Wie der Täter der Strafvereitelung gemäß § 258 Abs 5 StGB straffrei bleibt, wenn er entsprechende Ermittlungshandlungen erschwert, so kann einem Betroffenen nicht verwehrt werden, Ermittlungshandlungen der Polizei bei einer Verkehrskontrolle durch Passivität zu erschweren oder gar zu verhindern.“
In der Tat ist niemand verpflichtet, an seiner eigenen Überführung aktiv mitzuwirken. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 03.03.2004, Aktenzeichen: 1 BvR 2378/98, ausgeführt, dass „im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen“.
Dies lässt sich auch auf ein Bußgeldverfahren übertragen. Insofern könnte man sich in einem entsprechenden Bußgeldverfahren unter Berufung darauf möglicherweise sogar erfolgreich eine Verurteilung vermeiden.
Im Verkehrsbereich ist diese Rechtsprechung aber – freundlich formuliert – nur eingeschränkt gültig. Trotz der Aussage, dass niemand verpflichtet ist, an seiner eigenen Überführung mitzuwirken, sind Verkehrsteilnehmer mit höchstrichterlicher Billigung gemäß § 142 StGB verpflichtet, am Unfallort zu verbleiben und die Feststellung ihrer Person, ihres Fahrzeugs und der Art ihrer Beteiligung durch ihre Anwesenheit und durch die Angabe, daß sie an dem Unfall beteiligt sind, zu ermöglichen, auch wenn daraus zwangsläufig ein Strafverfahren oder Bußgeldverfahren folgt.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat schon in seiner Entscheidung vom 13.01.1981, Aktenzeichen: 1 BvR 116/77 ausgeführt:
„Während das geltende Recht Zeugen, Prozeßparteien und Beschuldigten durchweg ein Schweige- und Aussageverweigerungsrecht für den Fall der Selbstbezichtigung zubilligt, gilt dies nicht in gleicher Weise für solche Personen, die aus besonderen Rechtsgründen rechtsgeschäftlich oder gesetzlich verpflichtet sind, einem anderen oder einer Behörde die für diese notwendigen Informationen zu erteilen. Hier kollidiert das Interesse des Auskunftspflichtigen mit dem Informationsbedürfnis anderer, deren Belange in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden.“
Ich bin mir daher nicht sicher, ob ein Bußgeldverfahren am Ende nicht doch zu einer rechtskräftigen Verurteilung führen würde. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, was das Oberlandesgericht Hamm am Ende seiner Entscheidung vom 13.03.1979, Az. 3 Ss OWi 450/79 geschrieben hat:
„Allerdings bleiben die bisherigen Möglichkeiten der Polizei unberührt, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei entsprechendem Verdacht, der nicht ordnungsgemäßen Ausrüstung Beschlagnahme oder Stillegung des Fahrzeugs anzuordnen.“
Dann vielleicht doch lieber Warndreieck und Verbandskasten zeigen, wenn man auf sein Auto angewiesen ist …
§ 31b StVZO bietet die entsprechende „Vorzeigepflicht“ auf, auch wenn sie lediglich mit 5,00€ VG sanktionierbar ist.
Besten Dank, habe es im Artikel noch entsprechend ergänzt.
das mit dem Blick in den Kofferraum, erscheint mir nicht ganz klar.
Allgemein herrscht da eine andere „Auffassung“.
http://www.wbs-law.de/rechtsfall-des-tages/allgemeine-verkehrskontrolle-25577/
Persönlich ist mir auch bekannt, dass man Verbandskasten und Warndreicke immer vorne IM Wagen halten sollte, um überhaupt erst keinen Grund für einen Blick in den KOfferrarum zu ermöglichen.
Gibt es hierzu bereits einen neuen BLogbeitrag / INformationen darüber?
Es gibt in der Tat keine gesetzlich normierte Pflicht, der Polizei bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle einen Blick in den Kofferraum zu ermöglichen [außer es wird ausnahmsweise von der Polizei wegen Gefahr im Verzug eine Durchsuchung angeordnet].
Wenn Verbandskasten und Warndreieck allerdings hinten drin liegen, wird es kniffelig. Entweder man nimmt das Bußgeld für die Verweigerung des Vorzeigens in Kauf [sind aber nur 5,- Euro] oder die Polizisten können beim Öffnen mit reinschauen.
Von daher eine gute Idee, Verbandskasten und Warndreieck im Fahrzeuginnenraum zu haben. Dann stellt sich die Problematik nicht.
Ansonsten finden Sie weiteres unter folgendem Link: http://www.rug-anwaltsblog.de/2012/11/02/welche-weisungen-von-polizisten-mussen-autofahrer-bei-verkehrskontrollen-nicht-beachten/
Am Ende zieht man den kürzeren, wenn man den Beamten Paroli bietet, daher sollte man kooperieren, solange es geht
Grundsätzlich kann ich Ihnen zustimmen, dass kooperatives Verhalten sinnvoll ist. Aber man sollte seine Rechte & Pflichten als Autofahrer kennen und Dinge, zu denen man nicht verpflichtet ist, nicht freiwillig machen (siehe dazu den oben verlinkten Beitrag).
Moin,
Ich habe mal eine frage und zwar hat mich die polizei in zivil angehalten und zu mir gesagt das die mich nicht mehr anhalten sondern schreiben. Dürfen die das eigendlich oder kann ich diese Ordnungswidrigkeiten verweigern?
Würde mich über eine Antwort freuen.
LG debbie
An die Damen und Herren, welche Verbindlichkeit hat dann die Aussage die in der VWV zur StVO zu §36/V getroffen wird? Wo nach Polizeibeamte auch die Ladungssicherung überprüfen dürfen. Diese bedingt ja den Blick in den Kofferraum.
Grüße Blubb
Da die Polizei ja nicht in den Kofferraum schauen kann oder darf, kann eine ungesicherte Ladung ja auch nicht festgestellt und sanktioniert werden.
Ich glaube, dass es in der VWV lediglich um den Güterverkehr geht.
Durch den relativ kleinen Kofferraum und die räumliche Abtrennung zur Fahrgastzelle, besteht auch nur eine äußerst geringe Gefahr für Dritte.
Das jedoch nur meine Interpretation und kein fundiertes Fachwissen.