Regress der Versicherung nach Trunkenheitsfahrt / Unfallflucht

Grundsätzlich können Kfz-Haftpflichtversicherungen gegen Kfz-Fahrer gem. § 28 VVG bei der Verletzung von vertraglichen Pflichten (sog. Obliegenheiten) Regress nehmen. Die vertraglichen Pflichten sind von den Versicherungen bei der Kfz-Haftpflichtversicherung jeweils in den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) geregelt, welche dem Versicherungsnehmer gem. § 7 VVG mitgeteilt werden müssen.

1.) Obliegenheitspflichten vor Eintritt des Versicherungsfalls (hier am Beispiel: Trunkenheitsfahrt)

In der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung ist in § 5 KfzPflVV geregelt, welche Obliegenheiten vertraglich geregelt werden können, die vor Eintritt des Versicherungsfalls zu beachten sind . Dazu gehört u.a. gem. § 5 Abs.1 Nr. 5 KfzPflVV die Verpflichtung, das Fahrzeug nicht zu führen oder führen zu lassen, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel dazu nicht sicher in der Lage ist. Bei Verletzung dieser Pflicht kann vertraglich eine Leistungsfreiheit der Versicherung bis zu einem Betrag von 5.000,- Euro vereinbart werden.

Soweit hier bekannt, haben alle Kfz-Haftpflichtversicherungen in ihren AKB die Verpflichtung geregelt, dass das Fahrzeug nicht geführt werden darf, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel dazu nicht sicher in der Lage ist und für diesen Fall den gesetzlichen Höchstbetrag für die Leistungsfreiheit von bis zu 5.000,- Euro geregelt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist gegenüber dem Geschädigten zwar gem. § 115 VVG, § 3 PflVG zur Leistung verpflichtet, kann aber von dem Fahrer (und unter Umständen auch von dem Versicherungsnehmer, falls diese/r nicht gefahren ist) die Erstattung ihrer Leistungen, max. bis zum Höchstbetrag von 5.000,- Euro verlangen.

Bei Trunkenheitsfahrten  ist häufig strittig, ob eine Alkoholisierung im Bereich von 0,5 bis 1,09 Promille ursächlich für die Unfallentstehung war. Dies muss die Versicherung darlegen und beweisen.

2.) Obliegenheitspflichten nach Eintritt des Versicherungsfalls (hier am Beispiel: Unfallflucht)

In § 6 KfzPflVV ist geregelt, dass bei einer vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalls grundsätzlich eine Leistungsfreiheit der Versicherung von höchstens 2 500 Euro vereinbart werden kann; bei besonders schwerwiegender vorsätzlich begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflichten kann die Leistungsfreiheit des Versichererung bis höchstens 5.000 Euro vereinbart werden.

Bei einer grob fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzung bleibt die Versicherung aber zur vollständigen Leistung verpflichtet, wenn die Obliegenheitsverletzung weder Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat.

Soweit hier bekannt, haben nach alle Kfz-Haftpflichtversicherungen in ihren AKB die Verpflichtung geregelt, dass der Unfallort nicht verlassen darf, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung den gesetzlichen Höchstbetrag für die Leistungsfreiheit von bis zu 2.500,- Euro geregelt.

Auch insofern ist die Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber dem Geschädigten zwar gem. § 115 VVG, § 3 PflVG zur Leistung verpflichtet, kann aber von dem Fahrer die Erstattung ihrer Leistungen, max. bis zum Höchstbetrag von 2.500,- Euro verlangen.

Strittig ist bei der Unfallflucht (unerlaubtem Entfernen vom Unfallort) in der Praxis häufig die Frage, ob der Fahrer den Unfall bemerkt hat oder bemerken musste und/oder ob sich dies auf die Feststellung des Schadens und der Schadenshöhe ausgewirkt hat. Die Versicherung muss eine vorsätzliche Pflichtverletzung darlegen und beweisen; hingegen muss der Versicherungsnehmer, der sich auf Fahrlässigkeit beruft („habe den Unfall nicht bemerkt“)  gem. § 6 KfzPflVV darlegen und beweisen, dass er keine grobe Fahrlässigkeit begangen hat.

3.) Altfälle (Vertragsabschluss vor dem 1.1.2008)

Ein Besonderheit besteht bei Altverträgen, die vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossen wurden. Zu diesem Zeitpunkt trat das reformierte Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft. Die Rechtslage hat sich durch das neue VVG erheblich geändert, dies gilt auch bezüglich der Geltendmachung von Regressansprüchen durch Versicherungen. Der Gesetzgeber hat den Versicherungen gem. § 1 EG-VVG bis zum 1.1.2009 Zeit gegeben, die Versicherungsbedingungen der neuen Rechtslage anzupassen.

Hat eine Versicherung ihre allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrtversicherung nicht gemäß § 1 Abs. 3 EGVVG zum 1. Januar 2009 angepasst, kann sie sich danach nicht auf die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer berufen (vgl. BGH, Urteil v. 12.10.2011, Az.: IV ZR 199/10)

Ein von uns vertretender Autofahrer hatte nach den Feststellungen im Strafverfahren im Jahr 2010 in betrunkenem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht und hatte sich anschließend unerlaubt vom Unfallort entfernt. Die Versicherung verlangte daraufhin Erstattung ihrer Leistungen von dem Autofahrer. Der zugrunde liegende Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag stammte jedoch aus dem Jahr 2004 und die Versicherung hatte ihre AKB nicht bis zum 1.1.2009 der neuen Rechtslage angepasst. Das Landgericht Berlin hat daher auf hiesige Beschwerde dem Autofahrer Prozesskostenhilfe wegen hinreichender Erfolgsaussichten der Verteidigung gegen die Klage gewährt. Der Beschluss ist hier nachzulesen.