Kein Regress nach Trunkenheitsfahrt und Unfallflucht, wenn Versicherung die AKB nicht zum 01.01.2009 umgestellt hat

Zum möglichen Regress von Kfz-Versicherungen bei Trunkenheitsfahrten / Unfallflucht haben wir bereits an dieser Stelle geschrieben. In einer solchen Streitigkeit ist die nachfolgende Entscheidung ergangen:

Landgericht Berlin, Beschluss vom 01.10.2014, Geschäftsnummer: 44 T 18/14:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgericht Mitte vom 10.September 2014- 112 C 3016/14 -teilweise abgeändert und dem Beklagten unter Beiordnung von Rechtsanwalt Olav Sydow, Mehringdamm 32, 10961 Berlin Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Rechtsverteidigung des Beklagten hat in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Dem Amtsgericht kann nicht darin beigetreten werden, dass die zwischen den Parteien vereinbarten AKB KRB 550/15 denselben Inhalt hätten wie§ 28 WG. § 28 Abs. 2 S. 2 WG sieht vor, dass der Versicherer im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung seiner Obliegenheit nur berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

Davon weichen die hier vereinbarten AKB ab, weil sie in § 2 lit. b) vorsehen, dass der Versicherer von der Verpflichtung frei wird, (lit. e) wenn der Fahrer infolge Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und § 7 V. (1) AKB anordnet, dass der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Leistung ( … ) frei wird, wenn eine der Obliegenheiten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt wird.

Dies führt zur Unwirksamkeit der Regelung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Abweichung von der Vorschrift des § 28 Abs. 2 S. 2 VVG, die gemäß § 32 S. 1 VVG zugunsten des Versicherungsnehmers zwingend ist, eine unangemessene Benachteiligung
darstellt. Denn die Leistungsfreiheit des Versicherers bei lediglich grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung ist mit wesentlichen Grundgedanken des § 28 Abs. 2 S. 2 WG nicht zu vereinbaren. Die sich daraus ergebende Vertragslücke, kann nicht geschlossen werden.

Wenn der Versicherer von der in Art. 1 Abs. 3 EGVVG eingeräumten Möglichkeit zur Anpassung seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen keinen Gebrauch macht, muss es bei der sich aus dem Gesetz ergebenden Unwirksamkeit bleiben. Auf § 28 Abs. 2 S 2 VVG kann die Leistungsfreiheit oder -kürzung nicht gestützt werden, weil diese Bestimmung eine vertragliche Obliegenheit und eine vereinbarte Sanktion für den Fall ihrer Verletzung voraussetzt. § 28 Abs. 2 S. 2 VVG enthält kein gesetzliches Leistungskürzungsrecht (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 – IV ZR 199/10- NJW 2012, 217 ff).