Bundesgerichtshof: Schummel-Diesel-PKWs von VW sind mangelhaft – Käufer hat Anspruch auf Lieferung eines aktuellen Ersatzfahrzeugs

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Pressemitteilung vom 22.02.2019 darauf hingewiesen, dass er in einem anhängigen Revisionsverfahren mit dem Aktenzeichen VIII ZR 225/17 am 8. Januar 2019 den Parteien einen umfangreichen Hinweisbeschluss zur Schummel-Diesel-Abgas-Thematik mitgeteilt hat. Nachfolgend haben sich die Parteien verglichen, der Bundesgerichtshof hat daher den Verhandlungstermin am 27. Februar 2019 aufgehoben, wird seinen Hinweisbeschluss aber demnächst veröffentlichen.

Wie nicht wirklich anders zu erwarten war, hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass ein Fahrzeug mangelhaft ist, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Er sieht darüber hinaus – und das war nicht unbedingt zu erwarten – einen Anspruch auf Lieferung eines Ersatzfahrzeuges auch einer neueren Modellbaureihe, wenn die alte Modellbaureihe nicht mehr produziert wird. Im Einzelnen führt der Bundesgerichtshof dazu Folgendes in seiner Pressemitteilung aus:

„In diesem Beschluss hat der Senat die Parteien auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinwiesen, dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte.

Zudem hat der Senat die Parteien auf seine vorläufige Einschätzung hingewiesen, dass die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein könnte, die vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs sei unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), weil der Kläger ein Fahrzeug der ersten Generation der betreffenden Serie (hier: VW Tiguan 2.0 TDI) erworben habe, diese aber nicht mehr hergestellt werde und ein solches Modell auch nicht mehr beschafft werden könne. Denn im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht dürfte – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – ein mit einem nachträglichen Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sein. Vielmehr dürfte es – nicht anders als sei das betreffende Modell noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten ankommen. Dies führt jedoch nicht zur Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB; vielmehr kann der Verkäufer eine Ersatzlieferung gegebenenfalls unter den im Einzelfall festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern, sofern die Ersatzlieferung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

Vorinstanzen:

Landgericht Bayreuth – 21 O 34/16 – Entscheidung vom 20. Dezember 2016

Oberlandesgericht Bamberg – 6 U 5/17 – Entscheidung vom 20. September 2017

Karlsruhe, den 22. Februar 2019“

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2019, Nr. 022/2019