OLG Karlsruhe gibt nach Trunkenheitsfahrt mit 1,9 Promille BAK aufgrund Verkehrstherapie den Führerschein zurück
Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 19.08.2016, Az.: 3 Ws 391/16, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch das LG Konstanz mit Beschluss vom 10.06.2016 aufgehoben und nachfolgend mit Beschluss vom 06.10.2016, Az.: 3 AK 199/16, auch der Revision gegen das Urteil des LG Konstanz vom 10.06.2016 stattgegeben, mit dem die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund einer Trunkenheitsfahrt im April 2015 mit 1,9 Promille BAK ausgesprochen wurde.
Im zugrundeliegenden Verfahren hatte das Amtsgericht Villingen-Schwenningen nach einer Trunkenheitsfahrt meines Mandanten im April 2015 mit einer gemessenen Blutalkoholkonzentration von 1,9 Promille in der Hauptverhandlung im Januar 2016 aufgrund vorgelegter Bescheinigungen über die Teilnahme an der IVT-Hö Verkehrstherapie und einem Abstinenzprogramm von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen.
Das vom Amtsgericht verhängte Fahrverbot von drei Monaten war gem. §§ 51 Abs. 5, 51 Abs. 1 StGB durch die Dauer der amtlichen Verwahrung des Führerscheins von neun Monaten abgegolten. Mein Mandant erhielt daher kurz nach dem Termin seinen Führerschein wieder zurück. Nachdem die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Berufung einlegte, nahm er bis zur Hauptverhandlung über die Berufung vor dem Landgericht Konstanz viereinhalb Monate unbeanstandet am Straßenverkehr teil.
Das Landgericht war trotz fortgesetzter Teilnahme des Angeklagten am Abstinenzprogramm und an der Verkehrstherapie anderer Auffassung als das Amtsgericht und entzog meinem Mandanten im Juni 2016 die Fahrerlaubnis. Einen hier hilfsweise gestellten Beweisantrag auf Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen lehnte das Landgericht unter Verweis auf seine
eigene Sachkunde ab.
Die dagegen erhobene Revision hatte Erfolg. Das Landgericht hätte die Dauer der Therapie, die Durchführung der Therapie durch eine gem. § 70 FeV zur Durchführung von „Kursen zur Wiederherstellung der Fahreignung“ akkreditierte Einrichtung, den Zeitablauf von 14 Monaten seit der Trunkenheitsfahrt und die beanstandungsfreie Teilnahme meines Mandanten am Straßenverkehr über einen Zeitraum von viereinhalb Monaten berücksichtigen und eine Überprüfung des Therapieerfolges durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens vornehmen lassen müssen.
Dem OLG Karlsruhe erscheint es auch fraglich, ob das Tatgericht die gleiche Sachkunde wie ein medizinisch-psychologischer Sachverständiger hat, um den Therapieerfolg zu bewerten. Dies hätte jedenfalls näherer Darlegungen bedurft.
Ergänzend weist das OLG auf die Notwendigkeit von Feststellungen über die zurückgelegte Fahrstrecke hin und auch darauf, dass sich das Tatgericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Umfang der Therapie und der Durchführung der Therapie durch eine gem. § 70 FeV zur Durchführung von „Kursen zur Wiederherstellung der Fahreignung“ akkreditierte Einrichtung auseinandersetzen muss.
Der Beschluss des OLG Karlsruhe bringt damit mehr Klarheit in die schwierige Thematik der Bewertung und Wiedererlangung der charakterlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Strafverfahren.
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