Münchner Kunstfund – Steht Verjährung der Rückgabe von sog. NS-Raubkunst entgegen?
Große mediale Aufmerksamkeit erregt derzeit der sog. Münchner Kunstfund. Bei dem Kunsthändler Cornelius Gurlitt wurden von der Staatsanwaltschaft Augsburg etwa 1400 Kunstwerke beschlagnahmt.
Ein Teil dieser Kunstwerke soll in der NS-Zeit unrechtmäßig erworben oder enteignet worden sein. In der taz wird heute in einem Kommentar geschrieben, dass eine Rückgabe dieser Kunstwerke nicht zu erwarten sei, weil die Taten nach deutschem Recht verjährt seien.
Dies trifft so aber nicht zu. Verjährt sind Straftaten in Bezug auf unrechtmäßigen Erwerb oder Enteignung der Kunstwerke in der NS-Zeit. Zivilrechtlich hat aber bei unrechtmäßigem Erwerb oder Enteignung kein Eigentumswechsel stattgefunden. § 935 BGB bestimmt ausdrücklich, dass kein gutgläubiger Eigentumserwerb bei Sachen stattfindet, die dem Eigentümer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen sind. Aus diesem Grund ist im vorliegenden Fall auch eine Ersitzung gemäß § 937 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Verjährt sein könnte gemäß § 197 Nr. 2 BGB der Herausgabeanspruch der Eigentümer. Die Verjährungsfrist beträgt dabei 30 Jahre. Gemäß § 200 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs. Anders als in § 199 BGB ist dabei die Kenntnis von der Person des Schuldners nicht Voraussetzung für den Beginn der Verjährung. Zivilrechtlich sind Ansprüche daher grundsätzlich verjährt. Es ließe sich insofern wohl allenfalls überlegen, ob die Berufung auf die Verjährung vorliegend wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unzulässig sein könnte.
Eine andere Frage ist aber, wie die Staatsanwaltschaft mit den beschlagnahmten Gegenständen verfährt. § 111 k StPO bestimmt, dass beschlagnahmte Sachen, die für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden, den Verletzten, denen sie durch die Straftat entzogen worden sind, herausgegeben werden, wenn sie bekannt sind und Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen.
Sofern Kunstwerke den Eigentümern durch Straftaten entzogen worden sind, wären sie von der Staatsanwaltschaft an die Eigentümer oder deren Erben herauszugeben. Fraglich könnte nur sein, ob dem Ansprüche von Cornelius Gurlitt entgegen würden. Ein Eigentumsrecht des Kunsthändlers würde an solchen geraubten Kunstwerken nicht bestehen.
Es könnte aber eine Rechtsposition in Form eines Zurückbehaltungsrechtes durch die zivilrechtliche Verjährung der Herausgabeansprüche bestehen. Damit liefe es auch auf die Frage hinaus, ob die Berufung auf die Verjährung unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unzulässig ist. Eine Fallgruppe ist dabei der unredliche Erwerb der eigenen Rechtsstellung. In einem solchen Fall wäre der Einwand der Verjährung unzulässig und unbeachtlich. Ob und inwieweit dies vorliegend der Fall ist, müsste für jedes Kunstwerk gesondert geklärt werden.
Eine Herausgabe von sog. Raubkunst an die Eigentümer durch die Staatsanwaltschaft ist danach aber jedenfalls nicht zwingend wegen Verjährung ausgeschlossen.
Mehr zu dieser Thematik auch unter den Beiträgen von
– CMS Hasche Sigle vom 8. November 2013
Die Aussage, dass eine Ersitzung von abhandengekommenen Sachen ausgeschlossen sei, ist unrichtig.
Zumindest so pauschal nicht richtig ist auch die Aussage, bei „unrechtmäßigem Erwerb“ liege stets ein Abhandenkommen vor.
§ 937 Abs. 2 BGB lautet: „Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.“
Ein gutgläubiger Eigentumswechsel durch Ersitzung ist danach ausgeschlossen. Genau dies hatte ich auch ausgeführt.
Abhandenkommen liegt u.a. bei Diebstahl und Verlust vor. Unrechtmäßiger Erwerb kann aus verschiedensten Gründen vorliegen, muss aber mit dem Abhandenkommen nichts zu tun haben. Dies habe ich auch nicht behauptet.