Kein Schmerzensgeld bei minimalem Auffahrunfall
Heute kam ein Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte, mit dem die Klage gegen meinen Mandanten und seine Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schmerzensgeld abgewiesen wurde.
Mein Mandant war im August 2009 auf der H-Straße in Berlin auf ein vor ihm fahrenden PKW aufgefahren, welcher daraufhin gegen den wiederum davor befindlichen PKW geschoben wurde. Die Fahrerin dieses vorderen PKWs machte vor Ort bei Ankunft der Polizei plötzlich Schmerzen im Halsbereich geltend und begab sich im Anschluss an den Unfall sogar in ärztliche Behandlung.
Der Haftpflichtversicherung meines Mandanten hatte sich geweigert, den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch wegen dem behaupteten HWS-Schleudertrauma zu zahlen. Daraufhin erhob die Fahrerin des vorderen PKW Klage vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte.
Das Amtsgericht holte ein interdisziplinäres Sachverständigengutachten ein. Im technischen Teil des Unfallrekonstruktionsgutachtens kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass durch das Aufschieben des mittleren Fahrzeugs auf das von der Klägerin geführte Fahrzeug (nur) eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von 5 km/h eingetreten ist.
Der medizinische Sachverständige kam im orthopädischen Teil des Gutachtens zu dem Schluss, dass die Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Verletzung der Halswirbelsäule (HWS) durch den Unfall erlitten hat und auch eine Beschleunigungsverletzung mit Kopfschmerzen und Schwindelgefühl durch den Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
Es bestand danach keine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den bei der Klägerin nach dem Unfall ärztlich attestierten Beschwerden. Ein Anscheinsbeweis für das Vorliegen einer unfallbedingten Verletzung der Halswirbelsäule kam auch nicht in Betracht, da die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des von ihr gefahrenen Fahrzeugs deutlich unter 15 km/h lag, da halfen auch das vorgelegte ärztliche Attest und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht.
Worauf das Amtsgericht gar nicht eingegangen ist: die Klägerin hatte die Entstehung der angeblichen Verletzungen nach den Feststellungen des technischen Sachverständigen eindeutig falsch geschildert. Sie hatte behauptet, dass ihr Kopf durch den Auffahrunfall zunächst nach vorne geschleudert wurde und dann wieder nach hinten.
Der technische Sachverständige hatte aber zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Auffahren von hinten ihr Kopf zunächst nach hinten gegen die Kopfstütze gedrückt worden sein müsste und gegebenenfalls nachfolgend nach vorne. Die Klägerin hatte die Entstehung der angeblichen Verletzungen also schlicht und ergreifend erfunden.
Es sind genau solche Fälle, die die Geltendmachung von tatsächlichen Unfallverletzungen im Bereich der Halswirbelsäule, dem sog. HWS-Schleudertrauma, für Unfallgeschädigte schwierig machen.