Ein interessanter Tag in der Rechtsgeschichte
Manche Dinge, die geschichtlich bedeutsam sind, werden im Alltag kaum wahrgenommen. So hat man sich hierzulande schon daran gewöhnt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte oder der Gerichtshof der Europäischen Union Entscheidungen von deutschen Gerichten aufheben, Vorlagefragen entscheiden oder Rechtsverstösse feststellen.
Die Existenz dieser supranationalen Gerichte ist jedoch aus historischer Sicht ein absolutes Novum und ein ganz bedeutender Faktor bei der Entwicklung des Rechts. In weiten Teilen der Welt gibt es auch heutzutage nur die nationalen Gerichte, gegen deren Entscheidungen keine Rechtsmittel gegeben sind. Wenn der Supreme Court in den USA entscheidet, gibt es dagegen kein Rechtsmittel. Wenn das Bundesverfassungsgericht in Deutschland entscheidet, steht hingegen glücklicherweise noch der Weg zu den Europäischen Gericht offen. Insofern hat Europa auf juristischem Gebiet eine echte Vorreiterstellung .
Eine weitere bedeutende rechtliche Entwicklung ist aus meiner Sicht auch der Internationale Strafgerichtshof und die UN-Sondertribunale, die erstmals auf rechtlicher Basis eine strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen das Völkerstrafrecht (derzeit: Völkermord,Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) ermöglichen.
Am 26. April 2012 ist nunmehr zum ersten Mal seit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen ein Staatsoberhaupt verurteilt worden. Das UN-Sondertribunal für Sierra Leone hat den früheren Präsidenten von Liberia Charles Taylor in elf Punkten wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.
Gegenstand des Verfahrens waren allerdings nicht Verbrechen gegen Liberias Bevölkerung, sondern seine Rolle als Präsident von Liberia im Bürgerkrieg des benachbarten Sierra Leone. Dass inzwischen gerichtliche Verfahren vor internationalen Gerichten für derartige Taten möglich sind, lässt mich für die internationale Rechtsentwicklung und die Tätigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs Positives hoffen.