„Zuhause kann er ja machen was er will“
Ein interessantes Rechtsverständnis zeigte sich bei einem Richter am Amtsgericht Tiergarten in einer Strafsache.
Meinem Mandanten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten zur Last gelegt, im Mai 2011 auf dem Parkplatz einer großen Supermarktkette in der S. Straße seine Ehefrau angeschrien, sie heftig geschubst und schließlich zu Boden geschleudert zu haben, worauf seine Ehefrau unter Übelkeit gelitten habe und sich übergeben musste. Es wurde deshalb wegen Körperverletzung gem. § 223 StGB eine Geldstrafe von insgesamt 900,00 Euro gegen ihn festgesetzt.
Dagegen legte ich im Auftrag meines Mandanten Einspruch ein, worauf ein Termin zur Hauptverhandlung anberaumt wurde, zu dem neben der Ehefrau noch zwei weitere Zeuginnen geladen wurden, die die Auseinandersetzung beobachtet hatten.
Alle Zeuginnen schilderten den Sachverhalt unterschiedlich. Die Ehefrau sagte, dass sie mit ihrem Mann einen heftigen Streit hatte und aufgrund einer Mageninfektion zu Boden gesackt sei. Ihr Mann habe sie nicht geschubst oder zu Boden geschleudert.
Eine andere Zeugin berichtete, dass mein Mandant seiner Ehefrau zunächst ins Gesicht gespuckt und sie dann mit dem Kind auf dem Arm zu Boden geschleudert hätte. Die dritte Zeugin sprach auch von einem Spucken, schilderte dann hingegen, dass mein Mandant auf seine Frau eingeschimpft habe und sie öfters geschubst habe, so dass er seine Frau gestürzt sei, das Kind habe dabei neben ihr gestanden.
Die Hauptverhandlung wurde dann für ein Rechtsgespräch unterbrochen. Auch angesichts der unterschiedlichen Aussagen wollten der Richter und die Staatsanwältin zumindest einen „Denkzettel“ und wir verständigten uns schließlich auf eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages von 300,- Euro. Mein Mandant stimmte diesem zu, um das Verfahren hinter sich zu bringen.
Im Rahmen dieses Rechtsgesprächs äußerte der Richter, dass es sich nicht gehöre, wenn mein Mandant sich so aggressiv in der Öffentlichkeit aufführe und seine Frau anspucke und angreife. Wörtlich sagte er dann: „Zuhause kann er ja machen was er will“.
Dass eine Köperverletzung in den eigenen vier Wänden nicht strafwürdig sein soll, auf der Straße hingegen schon, fand ich dann etwas seltsam. Im Gesetz findet sich diese Unterscheidung jedenfalls nicht.