Stellungnahme zu den Wasserverträgen im Abgeordnetenhaus – Teil 2

Teil 1 meiner Stellungnahme vor dem Sonderausschuss Wasserverträge im Berliner Abgeordnetenhaus am 8. Juni 2012 können Sie hier lesen:

II. Nichtigkeit gem. § 134 BGB

Nach unserer Auffassung folgt aus der Verfassungswidrigkeit der Gewinngarantie auch die Nichtigkeit des Konsortialvertrages, da Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB darstellt.

Diese Norm regelt, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Es ist dabei anerkannt, dass auch Vorrechte von Verfassungsorganen der Vorschrift des § 134 BGB unterfallen. 

Der wissenschaftliche Parlamentsdienst vertritt in seinem Gutachten die Auffassung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Regelung in Art. 115 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz und die inhaltsgleiche Regelung in Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin nur das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament regelt und damit kein Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB sein könne.

Nach dem WPD-Gutachten soll es daher rechtssystematisch nicht vertretbar sein, aus dem Haushaltsrecht als staatlichem Innenrecht Rechtsfolgen für den Bereich des Privatrechts herzuleiten. Schließlich wird noch ausgeführt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip der Grundsatz des Vertrauensschutzes ergibt, der verletzt werden würde, wenn fehlende Ermächtigungen im innerstaatlichen Bereich zur Nichtigkeit von Verträgen führen könnten.

Diese Auffassungen sind und das muss man an dieser leider so deutlich sagen, sind juristisch sehr fragwürdig. Wenn man schon das Rechtsstaatsprinzip zitiert, dann bitte auch richtig.Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden und hier zitiere ich (vgl. BVerfGE 48, 210-227):

Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt sich der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. … Das Erfordernis der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage soll … sicherstellen, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Grundentscheidungen trifft, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich der Bürger betreffen.

Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liegt danach gerade vor, wenn keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist. Wenn man das Fehlen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage als Begründung dafür heranzieht, dass ein Vertrag nicht nichtig sein könne, ist dies mehr als gewagt.

Gleiches gilt auch für Sicherheiten im Sinne von Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin. Die Nichtigkeit eines Vertrages, der vom Senat ohne Ermächtigungsgrundlage abgeschlossen wurde, stellt somit die Einhaltung von Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin sicher. Im Übrigen unterfällt der Staat selbstverständlich der Regelung in § 134 BGB, wenn er privatrechtliche Verträge abschließt. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so ist dieser nichtig.

In diesem Bereich gibt es entgegen der Auffassung des WPD auch keinen Vertrauensschutz.

Es ist auch nicht einmal ansatzweise erkennbar, dass ein schützenswertes Vertrauen auf Seiten der privaten Anteilseigner entstanden ist. Ganz im Gegenteil ist hier festzustellen, dass sowohl der Senat von Berlin als auch die privaten Anteilseigner bösgläubig gehandelt haben.

Die Vertragsparteien haben im Konsortialvertrag gerade Regelungen für den Fall der Nichtigerklärung von Art. II § 3 des Teilprivatisierungsgesetzes getroffen. Als die 5. Änderungsvereinbarung zum Konsortialvertrag abgeschlossen worden ist, war die Nichtigkeit der +2 % Verzinsungsklausel und der Effizienzsteigerungsklausel den Vertragspartnern sogar positiv bekannt.

In beiden Fällen haben die Vertragsparteien im Einvernehmen vorsätzlich das Haushaltsrecht des Parlaments umgangen, was Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin gerade verhindern will. Die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Bestimmung kann nur dadurch sichergestellt werden, dass Verträge zwingend nichtig sind, die unter Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 der Verfassung von Berlin geschlossen wurden.

Durch die Bösgläubigkeit der Vertragspartner ist die Entstehung von schützenswertem Vertrauen in jedem Fall ausgeschlossen.

Nach unserer Auffassung ist § 23.7 des Konsortialvertrages gemäß § 134 BGB nichtig.“

Teil 3 meiner Stellungnahme vor dem Sonderausschuss Wasserverträge im Abgeordnetenhaus am 8. Juni 2012 können Sie hier lesen.