Was können Eltern machen, wenn Ihr Kind keinen Kita-/Kindergartenplatz bekommt?

Obwohl der Anspruch auf einen Kita-/Kindergartenplatz gesetzlich geregelt ist, bekommen Kinder vor allem in Großstädten teilweise keinen Kita-/Kindergartenplatz. Betroffene Eltern haben mehrere Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren.

Der Anspruch auf einen Kita-/Kindergartenplatz ist bundesweit gesetzlich in § 24 SGB VIII geregelt. Danach haben Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahrs (1. Geburtstag) einen Anspruch auf auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege (§ 24 Abs. 2 SGB VIII). Ab Vollendung des dritten Lebensjahrs (3. Geburtstag) haben Kinder bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 3 SGB VIII).

Flankierend dazu gibt es Ausführungsgesetze der Bundesländer zu den Tageseinrichtungen für Kinder (Kita-Gesetze), z.B. § 4 Abs. 3 KitaFöG Bln für Berlin. Eine Übersicht dieser Regelungen ist unter diesem Link zu finden.

Wenn die Stadt oder die Gemeinde dem Kind aber trotz dem gesetzlichen Anspruch keinen Kita-/Kindergartenplatz zur Verfügung stellt, gibt es folgende Möglichkeiten:

1) Einen Platz in einer privaten Kita/Kindergarten/Krippe suchen und Aufwendungsersatz verlangen

Dieser Anspruch ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus § 36a Abs. 3 SGB VIII, der für diesen Fall entsprechend anzuwenden ist. Grundlegend ist dazu das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.09.2013, Az. 5 C 35/12. Es handelt sich um einen Fall von Erstattungsansprüchen für selbstbeschaffte Leistungen bei Systemversagen. Bei Geltendmachung von Aufwendungsersatz sind nach der Rechtsprechung  des Bundesverwaltungsgerichts die Voraussetzungen von § 36a Abs. 3 SGB VIII zu beachten:

a) Die Eltern/Erziehungsberechtigten müssen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (in der Regel das Jugendamt) vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt haben, d.h. das Kind beim Träger der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für den Kita-Besuch angemeldet haben.

b) Die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe müssen vorgelegen und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet haben. Dies ist unproblematisch, wenn das Kind das erste Lebensjahr vollendet hat. Der Anspruch und die Dringlichkeit ergeben sich ja aus der gesetzlichen Regelung in § 24 Abs. 2, 3 SGB VIII.

Der Kostenerstattungsanspruch besteht gem. § 36a Abs. 3 SGB VIII in dem Umfang, in dem der Jugendhilfeträger auch bei rechtzeitiger Erfüllung des Primäranspruchs zur Kostentragung verpflichtet ist. Im Ergebnis bedeutet dies: Der Anspruch auf Aufwendungsersatz ist der Höhe nach auf den Betrag beschränkt, der den Kostenbeitrag nach § 90 SGB VIII übersteigt. Nach dieser Regelung können Kostenbeiträge für den Besuch von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege festgesetzt werden. Die Ausgestaltung dieser Kostenbeiträge ist den Bundesländern überlassen und unterscheidet sich daher nicht unerheblich.

In Berlin ist dies unproblematisch, da die Kostenbeteiligung für die Kindertagesbetreuung schrittweise abgeschafft wird: Ab dem 01.08.2017 müssen die Eltern in den letzten 5 Jahren vor der regelmäßigen Schulpflicht keinen Betreuungsanteil mehr zahlen. Ab dem 01.08.2018 ist die Kita für alle kostenfrei. Nur den Verpflegungsanteil müssen die Eltern weiterhin bezahlen, mehr dazu auf der Webseite der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

Mit kürzlich ergangenem Urteil vom 26. Oktober 2017, Az. BVerwG 5 C 19.16 hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zur Pflicht zum Aufwendungsersatz nochmals bestätigt. Zu diesem Urteil liegt bisher nur eine Pressemitteilung vor. Aus dieser ergibt sich entgegen manchem Pressebericht nicht, dass die Kosten für eine Luxus-Kita nicht vom Träger der Jugendhilfe, dort die Stadt München, zu tragen wären. Das Bundesverwaltungsgericht hat vielmehr seine Rechtsprechung zum Aufwendungsersatz und auch die Ersatzpflicht der Stadt München dem Grunde nach bestätigt. Die Klage wurde abgewiesen, weil der mit der Klage geltend gemachte Teilbetrag der entstandenen Kita-Kosten von den Eltern ohnehin als Kostenbeitrag zu zahlen gewesen wäre. Die Teilklage war deshalb unbegründet.

Ob dieser Beitrag für die Eltern oder das Kind gem. § 90 Abs. 3 SGB VIII zumutbar war oder nicht, war von den Gerichten nicht zu prüfen, da anscheinend kein Antrag auf Überprüfung einer Kostenübernahme nach § 90 Abs. 3 SGB VIII gestellt worden war. Da diese Überprüfung nur auf Antrag hin erfolgt, ist auch bei Selbstbeschaffung eines Kita-Platzes unbedingt ein Antrag auf Kostenübernahme nach § 90 Abs. 3 SGB VIII zu stellen, wenn eine Kostenbeitragspflicht besteht, was in den meisten Städten und Gemeinden der Fall ist.

Zu anderen Möglichkeiten der Eltern wird der Beitrag bei nächster Gelegenheit noch ergänzt.