Jobcenter verhängt Sanktionen gegen eigene Mitarbeiterin

Dass Jobcenter Sanktionen gegen ihre sog. „Kunden“ verhängen ist hinlänglich bekannt. Dass Sanktionen gegen eigene Mitarbeiter verhängt werden, düfte ein Novum sein.

Das Jobcenter Hamburg hat seine Mitarbeiterin Inge Hannemann am 22. April 2013 von ihrer Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin freigestellt und aus dem Gebäude verwiesen.

Hintergrund dieser Aktion ist, dass Inge Hannemann seit einem Jahr einen Blog unter altonabloggt.wordpress.com betreibt und darin die Arbeit der Jobcenter kritisiert. Einige der Zustände, die sie beschreibt:

– Vorgesetzte drängen auf die Einhaltung von Sollzahlen für verhängte Sanktionen
– Beratungszeiten sind deutlich zu knapp bemessen, es wird zu großer Druck ausgeübt
– Menschen werden in prekäre Zeitarbeitsjobs oder sinnlose Maßnahmen vermittelt, um Zielzahlen zu erfüllen

Auch hat sie als Arbeitsvermittlerin keine Sanktionen gegen ihre „Kunden“ verhängt, sondern bemühte sich, Vertrauen aufzubauen, die ihr anvertrauten Menschen zu beraten und eng mit diesen zusammenzuarbeiten, um diese zu motivieren, das eigene Leben besser zu gestalten.

Sie ist auch eine Befürworterin der bedingungslosen Grundeinkommens und spricht sich für eine Abschaffung von Hartz IV aus.

In ihrem Blog schreibt sie, dass die Erwerbslosen zu Objekten einer entmündigenden und bevormundeten Sozialpolitik degradiert werden und ihnen die Entscheidungsfreiheit entzogen wird. Durch das Machtinstrument der Sanktionen und den damit durchsetzbaren Zumutbarkeitsregeln würden die Erwerbslosen entmündigt und die Jobcenter-Mitarbeiter eine fast uneingeschränkte Machtposition erlangen.

Durch die Kontrolle und Überwachung der Erwerbslose entstehe ein totales Machtgefälle zwischen Erwerbslosen bzw. Aufstockern und den Arbeitsvermittlern. Tatsächliche Hilfe werde auch als solche wahrgenommen und bedürfe keiner Repressionen.

Die Sanktionen stellten eine existenzielle Bedrohung und Erpressbarkeit durch Hartz IV für jeden Betroffenen dar und seien ein Weg, um den prekären Arbeitsmarkt zu füttern und am Leben zu halten.

Nach Bekanntwerden der Beurlaubung ist eine breite Solidaritätswelle  angerollt. An dieser Stelle findet sich eine Petition für die sofortige Abschaffung aller Sanktionen gegen die Arbeitsvermittlerin Inge Hannemann.

Mehr zu dem Thema auch in den Artikeln von

Die Welt: Systemgegnerin – Die Hartz IV-Rebellin im Jobcenter

der Freitag: Inge Hannemann geht voran

Handelblatt: Die Hartz IV-Rebellin muss gehen