Streit im Treppenhaus endet mit … Freispruch

Manchmal wundere ich mich nach inzwischen zehnjähriger Berufspraxis immer noch, was für Vorfälle die Staatsanwaltschaft zur Anklage bringt.

Die Mandantin wandte sich vor einigen Monaten an mich, da gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet wurde. Ihr wurde zur Last gelegt, im Juni 2011 im Treppenhaus des Wohnhauses in der H.-Straße die dort tätige Reinigungskraft im Verlauf einer Auseinandersetzung mit der Faust auf den Oberarm geschlagen zu haben, wodurch die Reinigungskraft ein Hämatom, sprich einen blauen Fleck, erlitten habe.

Ein anderer Mitarbeiter der Reinigungsfirma hatte die Polizei hinzugerufen, welche aber nicht daran dachte, mal nachzusehen, ob dort tatsächlich etwas auf dem Oberarm zu sehen war. Andere Zeugen, die die Auseinandersetzung beobachtet hätten, gab es nicht.

Bei diesem Sachverhalt würde man denken, dass das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt wird. Dem war erstaunlicherweise aber nicht so.

Die Reinigungskraft hatte sich nach der Auseinandersetzung krankschreiben lassen und ihr wurde eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert. Sie war seitdem auch nicht mehr arbeiten. Die Staatsanwaltschaft meinte anscheinend, dass der blaue Fleck die posttraumatische Belastungsstörung verursacht hätte.

Die Mandantin erhielt einen Strafbefehl, in dem gegen sie wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 600,00 Euro festgesetzt wurde. Dagegen legte ich Einspruch ein und es wurde Termin zur Hauptverhandlung in der vergangenen Woche anberaumt.

Dabei verstrickte sich die Reinigungskraft auf Nachfrage in Widersprüche, insbesondere sprach sie nunmehr davon, dass sie nicht auf den Arm geschlagen, sondern am Arm festgehalten wurde. Bei der Aussage wurde auch deutlich, dass sie psychische Probleme hat, diese jedoch kaum mit dem blauen Fleck, den sie nach der Aussage vor Gericht gar nicht erlitten hat, zusammenhängt. Dies war aber auch bereits nach der Aktenlage erkennbar, wenn auch anscheinend nicht für die Staatsanwaltschaft.

Das Strafverfahren gegen meine Mandantin endete dann mit dem einzig richtigen Ergebnis, einem Freispruch, den sogar die Staatsanwaltschaft beantragte. Die erfreuliche Folge für die Mandantin ist, dass die Landeskasse auch meine Vergütung zahlt und die Mandantin ihre Vorschusszahlungen zurückerstattet bekommt. Die Belastung der Mandantin durch das Strafverfahren lässt sich allerdings nicht entschädigen und wäre vorliegend wirklich vermeidbar gewesen.

Aus gut informierten Kreisen weiß ich allerdings, dass es bei vielen Staatsanwaltschaften durchaus interne Vorgaben gibt, dass Akten innerhalb bestimmter Zeiträume bearbeitet werden müssen und nur ein bestimmter Prozentsatz der Verfahren eingestellt werden dürfen. Das wäre natürlich eine Erklärung für ein Verfahren wie dieses, zeigt aber auch auf, wie wichtig die Einschaltung eines Strafverteidigers sein kann …